Translationale Pathologie

In unserer Arbeitsgruppe beschäftigen wir uns mit der Rolle von Fibroblasten in Fibrosen und Tumorerkrankungen. In Fibrosen kommt es hierbei zum überschießenden Umbau von Organen, welcher bei fortschreitendem Krankheitsprogress zum Funktionsverlust des Organes führt. Produzenten des Bindegewebes sind Fibroblasten, welche allerdings nicht nur direkt, sondern auch indirekt das Fortschreiten von Fibrosen, beispielsweise durch die Regulation des Immunsystems, fördern. Beispiele für Fibrosen sind die idiopathische Lungenfibrose, die systemische Sklerose und die Leberzirrhose. Während Fibroblasten bei Fibrosen im Mittelpunkt der Erkrankung stehen, üben sie bei Tumorerkrankungen eine überwiegend unterstützende Funktion für den Tumor aus. Dies trifft insbesondere bei Tumoren zu, welche sich durch einen hohen bindegewebigen Anteil auszeichnen, beispielsweise das Pankreas- oder das Lungenkarzinom. In diesen Erkrankungen können Tumorzellen unter anderem direkt das Wachstum von Tumorzellen stimulieren und Tumorzellen vor Zytostatika und Immunzellen schützen.

In unserer Arbeit untersuchen wir Patientengewebe, führen in vitro-Versuche durch und nutzen in vivo-Modelle. Ein integraler Bestandteil ist hierbei die Arbeit mit frischem Patientengewebe, um dieses nachfolgend mit Hochdurchsatzanalysen (Massenspektrometrie, ATAC-Sequenzierung) zu untersuchen. Wissenschaftlich und ärztlich arbeiten wir hierbei mit unseren Kolleginnen und Kollegen in der Pathologie und in anderen Kliniken der Uniklinik Köln zusammen.

Unser Ziel ist es dabei, nicht nur besser zu verstehen, was das Fortschreiten dieser Erkrankungen begünstigt und wie einzelne Zellpopulationen hierzu beitragen, sondern diese Erkenntnisse auch zur Entwicklung neuer Therapien zu nutzen.

Wir danken der Hector-Stiftung und der Brigitte und Dr. Konstanze Wegener-Stiftung für die finanzielle Unterstützung unserer Forschung und freuen uns über jede Rückmeldung und Frage.

Projekte

Bedeutung des Transkriptionsfaktors SIX1 bei der Metastasierung des Pankreaskarzinoms

Das Pankreaskarzinom gehört bereits heute zu den am häufigsten zu Tode führenden Malignomen, und die Wahrscheinlichkeit die nächsten fünf Jahre zu überleben liegt selbst nach operativer Resektion nur zwischen 22 und 37 % und im metastasierten Stadium bei weniger als einem Prozent. Ursächlich hierfür ist zum einen, dass Pankreaskarzinome häufig erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert werden, und zum anderen, dass Pankreaskarzinome nur schlecht auf die derzeitigen Therapien ansprechen.

Wie bei anderen Tumorerkrankungen führen in der Regel die lymphogene und hämatogene Metastasierung zu letalen Komplikationen. Damit eine Tumorzelle metastasieren kann, muss sie zuerst die Basalmembran durchbrechen, das hierunter liegende Stroma infiltrieren und Anschluss an das Blut- und Lymphgefäßsystem finden. Hierbei verlieren die Tumorzellen häufig ihren epithelialen Phänotypen und nehmen einen mesenchymalen, mobileren Phänotypen an; ein Prozess, der als epithelial-mesenchymale Transition (EMT) bezeichnet wird. Dabei tritt eine epithelial-mesenchymale Transition nicht nur bei Tumorerkrankungen auf, sondern ist auch ein wichtiger Prozess während der Entwicklung. Ein Beispiel hierfür sind Melanozyten, welche ursprünglich in der Neuralleiste entstehen, und nachfolgend in die Haut wandern müssen. Ein Faktor, welcher bei der epithelial-mesenchymalen Transition hierbei eine Rolle spielt, ist der embryonale Transkriptionsfaktor SIX1. Während der Entwicklung trägt SIX1 zur richtigen Organentwicklung verschiedener Gewebe, beispielsweise Augen, Nieren und Skelettmuskulatur, bei. Im Erwachsenen wird SIX1 dagegen nicht mehr oder nur noch schwach exprimiert. Im Gegensatz hierzu weisen zahlreiche Tumorerkrankungen eine erneute Expression von SIX1 auf. Zu diesen Tumorerkrankungen gehören unter anderem Karzinome der Brust, der Eierstöcke, der Zervix und der Leber (Hepatozelluläres Karzinom).

Zusätzlich konnten wir zeigen, dass SIX1 im Kolonkarzinom als unabhängiger prognostischer Marker für das Überleben dienen kann und eine epithelial-mesenchymale Transition in HCT116-Zellen induziert, und dass SIX1 im Pankreaskarzinom vermehrt exprimiert wird und einen Tumorstammzell-assoziierten Phänotypen (CD24+/CD44+) in und ein vermehrtes Tumorwachstum von Panc1-Zellen nach subkutaner Transplantation in Nacktmäuse induziert.

Hierauf aufbauend untersuchen wir nun, ob SIX1 die Metastasierung im Pankreaskarzinom fördert. Hierfür untersuchen wir Patientengewebe mittels Massenspektrometrie und  Immunfluoreszenz, prüfen im syngenen KPC-Tiermodell, ob SIX1 das Tumorwachstum und die Metastasierung fördert, und prüfen im syngenen KPC- und ektopen Nod.Scid.Gamma-Tiermodell gegen SIX1-gerichtete Therapieansätze.

Publikationen

Lerbs T, Bisht S, Schoelch S, Pecqueux M, Kristiansen G, Schneider M, Hofmann B, Welsch T, Reissfelder C, Rahbari N, Fritzmann J, Brossart P, Weitz J, Feldmann G*, Kahlert C*. Inhibition of Six1 affects tumour invasion and the expression of cancer stem cell markers in pancreatic cancer. BMC Cancer. 2017 Apr 7;17(1):249. *contributed equally

Kahlert C*, Lerbs T*, Pecqueux M*, Herpel E, Hoffmeister M, Jansen L, Brenner H, Chang-Claude J, Bläker H, Kloor M, Roth W, Pilarsky C, Rahbari NN, Schölch S, Bork U, Reissfelder C, Weitz J, Aust D, Koch M.

Overexpression of SIX1 is an independent prognostic marker in stage I-III colorectal cancer. Int. J Cancer. 2015 Nov. 1 137(9):2104-13.

* contributed equally

Beitrag von Tumor-assoziierten Fibroblasten zum Progress des Pankreaskarzinoms

Histologisch zeichnet sich das Pankreaskarzinom durch sein desmoplastisches Stroma aus. Dieses besteht hauptsächlich aus Bindegewebe mit einzelnen Anteilen von Tumorzellen – ähnlich einer Wüste mit Oasen – und hat verschiedene Wirkungen. So trägt das desmoplastische Stroma zum Beispiel zur Immunsuppression im Pankreaskarzinom bei, indem es in den Immunzellen im Tumor die Ausbildung eines immunsuppressiven Phänotyps induziert und das Auswandern von Immunzellen aus den Blutgefäßen in den Tumor erschwert. Hauptproduzenten des desmoplastischen Stromas sind Tumor-assoziierte Fibroblasten, die allerdings nicht nur das Bindegewebe des desmoplastischen Stromas bilden, sondern auf andere Weise das Tumorwachstum fördern – zum Beispiel durch die Sezernierung von Wachstumsfaktoren.

Aus diesen Gründen sind Tumor-assoziierte Fibroblasten auch aus therapeutischer Sicht interessant. Wichtig ist hierbei zu wissen, was Tumor-assoziierte Fibroblasten, die das Tumorwachstum fördern, von den sonstigen Fibroblasten unterscheidet. Dieses Verständnis zu fördern und dieses für die Entwicklung neuer Therapien zu nutzen, ist das Ziel des von der Wegener-Stiftung geförderten Projektes.

Patente

Seit 12/2021 US-Patent “New Immunotherapeutic Target for the Treatment of Lung Cancer and Fibrotic Lung Diseases”

Dr.--Lerbs-Tristan
Dr. Tristan Lerbs